12. Der 148. Psalm


Auff die Weise deß 128.

[183] Selig ist der gepreiset.


Es soll den Herren loben

Deß gantzen Himmels Feld,

Ihn rühme, was dort oben

Die weite Wohnung hält.

Es müsse von ihm schallen

Der Engel süsses Chor;

Ihn hebe hoch für allen

Diß starcke Heer empor.


Ihn lobe sampt der Sonne,

Deß Mondens bleiche Zier:

Ihm gebe seine Wonne

Der Sternen Schaar herfür;

Der Himmel Lauff erhebe

Den, welcher ihn erhöht,

Das Wasser ihm Lob gebe,

Das auff dem Himmel steht.


Sie sollen nicht verhälen

Deß Herren Namens Pracht,

Weil sie auff sein Befehlen

Erschaffen und gemacht.

Er hat sie steiff gegründet

Für Zeit und Noth zu stehn:

Durch seine Satzung bindet

Er sie, schnurrecht zu gehn.


Du solt ihm Lob erfinden,

Der Erden grosses Heer,

Ihr Wallfisch in den Gründen,

Ihr Flüsse, Quell und Meer.

Das Feuer sampt dem Rauche,

Schloß, Hagel, Schnee und Eiß,

Der Sturm, so auß Gebrauche

Ihm zu gehorchen weiß.


Die Berge, so hoch ragen,

Die Hügel allzumal,

Die Bäume, so viel tragen,

Der Cedern grosse Zahl,

Das Wild in Pusch und Brüchen,

Das Haußvieh, was man hegt,

Die Würme, welche kriegen,

Das Heer, das Flügel trägt,


Die so gekrönet werden,

Die Menschen allerhand,

Die Fürsten auff der Erden,

Die Richter durch das Land,

Auch Jüngling und Jungfrauen

An Sinn und Jahren zart,

Die an dem Alter bauen

Und Knaben frischer Art.


Die sollen einig loben

Den Herren für und für,

Sein Name schwebet oben

Ob Welt und Himmels Zier;

Das Volck hat er erhaben,

Das ihm sein Lob erkiest,

Israel, dem an Gaben

Und Gunst er Nachbar ist.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 183-184.
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