Da sie ihren Busen veste vermachte.

1.

Mein Kind / sey doch so blöde nicht /

Laß deinen Busen offen /

So sieht mau / daß dir nichts gebricht /

Daß alles eingetroffen:

Sonst dencket man gewiß von dir /

Du hättest nicht der Brüste Zier.


[208] 2.

Ein Griff entweyht nicht deine Brust /

Und macht ihr keine Flecken /

Was nützt ein Schatz der unbewust

Den Sand und Steine decken?

Die Perl / so stets verborgen liegt /

Mit ihrem Glantze nicht vergnügt.


3.

Was die Natur uns Menschen giebt /

Das darff man allen zeigen /

Am meisten diesem / der uns liebt /

Dem wir die Sinnen beugen.

Was ist es / das zum Sclaven macht?

Wol anderst / denn der Brüste Pracht?


4.

Was nun die Liebe heilig heist /

Das lasse auch verehren /

Und wenn denn seine Pflicht erweist /

So must du den nicht stöhren /

Dem deine Brust das Altar ist /

Auf dem er deine Gottheit küßt.


Quelle:
Celanders Verliebte-, Galante / Sinn-, Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg und Leipzig 1716, S. 200-201,208-210.
Lizenz:
Kategorien: