Arismene verweiset ihm seine Dreistigkeit.

Nicht zu dreiste mein Lysander!

Küßt die Brüste / so euch frey /

Bleibt bey diesen / laßt das Ander /

Dencket / daß es heilig sey.

Laßt die geilen Griffe bleiben /

Krönet lieber meine Brust /

Und last eure Finger treiben

In dem Marmor-Meer der Lust.

Kühlet eure heisse Finger

In des Busens zarten Schnee /

Er wird dadurch nicht geringer

Sondern quillet in die Höh.

Spielet in den zarten Wellen /

Kühlt euch in dem Perlen Thau /

[47] Küßt der Wollust Lager-Stellen

Auf der Brüste Rosen-Au.

Schaut Corallen auf Junkiljen

Und den Türcks in Milch gesetzt;

Schmeckt die Anmuth / so die Liljen

Meiner Brüste angenetzt.

Schützt den Eingang dieses Landes /

Wo Rubin auf Perlen glüht /

Ehrt die Gegend dieses Strandes /

So den Geist mit Lust versieht.

Wadet in dem Marmor-Meere /

Dessen Wellen milchern sind /

Was ich allen hier verwehre /

Wird euch nur allein gegünnt.

Füget euren Mund und Lippen

Diesen Himmels-Früchten bey /

Suchet von den Perlen-Klippen

Etwas / so euch Zucker sey.

Sauget als die zarten Bienen

Honig aus dem Tausend-Schön

Jener blühenden Jesminen /

Die auf meinen Hügeln stehn.

Krönet / küsset diese Ballen /

So die Anmuth Töchter nennt /

Laßt euch ihre Pracht gefallen /

Davon sich die Lust nie trennt.

Wartet diese Lust-Granaten /

Lacht die Edens-Aepffel an /

Wie ihr Schmuck so wohl gerathen /

Daß er Todten helfen kan.

Bleibt von dem verbohtnen Lande /

In dasselbe kommt ihr nicht /

Wohnet bey dem schönsten Strande

Da euch keine Lust gebricht.

Selbst die Anmuth will euch weiden /

Sie giebt alle Schätze frey /

Warum wolt ihr Mangel leiden

In der öden Wüsteney?

[48] Bleibet in dem vollen Garten /

Da die Töpff mit Fleisch gefüllt

Was! wolt ihr auf Paran warten

Wo der Thau den Hunger stillt?

Bleibet bey den vollen Brüsten /

Und verlaßt die leere Schoß;

Wer vertauscht um eine Wüsten

Wol ein schön geputztes Schloß?

Frost und Hitze könnt ihr finden /

In der Brüste Paradieß /

Flammen löschen und entzünden

Kan des Busens Silbern Vließ.

Seht wie Feur aus Eyse qnillet

Heisser denn es AEthna hegt /

Doch der Brandt wird bald gestillet /

Daß sich seine Hitze legt.

Hecla heget Feur und Flammen /

Frost und Hitze reicht er dar /

Diese stehen auch beysammen

Auf der Brüste Brand-Altar.

Bald sind sie in Eyß geweltzet

Und dem Schnee in Ballen gleich /

Wenn die Hitze sie nun schmeltzet /

Sind sie am Vergnügen reich.

Und bey diesen Wechselungen

Bleibet doch die Anmuth hier /

Ja die Lust ist ungezwungen

In dem weissen Brust-Revier.

Drum so krönet diese Ballen

Wo sich Lust und Anmuth regt /

Und verlaßt des Schoosses Hallen /

Die nur todtes Tauren hegt.

Schaut die Zwilling meiner Brüste /

So wie glatte Rehe stehn /

Sagt / daß sich eur Sehnen rüste

Dieses Wild im Netz zu sehn.

Meine Brüste sind wie Trauben /

Die noch nicht zerquetschet sind /

[49] Davon könnt ihr Julep rauben /

Welchen man voll Anmuth findt.

Ihre Säffter sind viel besser

Als der angenehmste Wein /

Da ist das Verlangen grösser

Als es nach dem Wein kan seyn.

Schaut sie hier in Rosen weiden /

Da sie keine Sonne sticht /

Aus den Schatten reichen Heiden

Weicht die kühle Anmuth nicht.

Was den Zephyr übersteiget /

Und Ambrirte Winde bläßt /

Hier ein holdes Schicksahl zeiget /

So euch nichts ermangeln läßt.

Nehmet an mein süßtes Leben

Dieses zarte Lust-Gefild' /

Euch will ich die Brüste geben

Der Dionen Eben-Bild.

Schaut die Helffenbeinern Thürme

Als des Himmels Brust-Bild an /

Laßt / daß nicht mein Eyfer stürme /

Was die lose Hand gethan.

Hier steht euch mein Hold-seyn offen

So weit als die Brüste gehn;

Doch die Schooß läßt euch nichts hoffen /

Ja nicht einst das blosse Sehn.

Brechet von den Brüsten Früchte /

Hüllt die Hand in Sammet ein /

Eßt des Busens-Schau-Gerichte

Es soll euch vergönnet seyn.

Nur die Schooß / und ihren Haynen

Last Lysander unberührt /

Sonsten ihr ein Zorn-erscheinen

Uber eure Schädel führt.

Seht wie Amors Winde pfeiffen

Um der Brüste Wollust-Baum /

Schaut wie seine Aepffel reiffen /

Drum verlacht den Sodoms-Schaum.

[50] So das todte Meer euch zeiget /

Und zum Unglücks-Koder braucht /

Dessen Lust zum Sterben neiget /

Und wie leichter Rauch verraucht.

Aber bey der Brüste Liljen

Findet ihr beliebte Lust /

Die kein Wetter kan vertilgen

Aus dem Garten meiner Brust.

Bey den Liljen / und Jesminen

Bey Granaten / und der Nelck' /

Jdumeens Rosen grünen /

Diese macht kein Unfall welck.

Daselbst ist die Zucker-Quelle /

Die mit Milch und Honig rinnt /

Und die Ambra reiche Stelle

Da man Lebens Stärckung findt.

Balsam / Musch und Specereyen

Wird auf diesem Bett gehegt /

Alle Tage sich von neuen

Da erneute Wollust regt.

Drum mein wehrter Schatz Lysander

Küßt die Brüste / so euch frey /

Dabey bleibet / last das Ander /

Denckt / daß es verboten sey.

Quelle:
Celanders Verliebte-, Galante / Sinn-, Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg und Leipzig 1716, S. 29-30,47-51.
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