Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte

Es ist bey der itzigen sinnreichen und neugierigen Welt die Sprach- nicht weniger als die Blumen-Kunst auff das Höchste gestiegen. Der seines lobwürdigen Zweckes wegen hoch-preißbare Palmen-Orden hat die vornehmsten Gewächse dieser und der neuen Welt untersuchet/ und in seinen Garten versetzet. Was selbige vor Frucht getragen/ lieget an offenem Tage. Man muß bekennen/ daß durch Anleitung seiner Mit-Glieder und Nachfolge vieler andern es dahin kommen/daß alle Länder und alle Zungen unser Teutschland bereichert haben. Die Kunst oder Bemühung hat sich/die Natur selbsten zu übertreffen/ bearbeitet/ und was in fremdem Boden gewachsen/ dem Teutschen erblich machen wollen/ wiewohl mit ungleichem Fortkommen/ indem ein Theil darvon in der ersten Blüte ersticket ist/ ein Theil auff dem fremden Stocke Geruch und Farbe verlohren/ das meiste dennoch wohl geblühet und gefruchtet hat.

Allhier zeigen sich auch einige theils inntheils ausländische Gewächse von unterschiedener Gattung/gleichwie in einem Garten nicht nur hohe Bäume und prächtige Stauden/ sondern auch niedrige Violen und kriechende Demutt angetroffen werden. Rüchen viele hiervon noch nach der ungereinigten Lufft des ersten Frühlings/ so ist man ja gewohnet/ zu selbiger Zeit mit schlechten Blumen für lieb zu nehmen/ und findet hernach die andern desto angenehmer. Die Himmel-Schlüssel (Primulæ Veris) stehen billich voran. Der Herr des Himmels gebe/ daß wir alle den rechten Himmels-Schlüssel finden und ergreiffen.[4]

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 2, S. 4-5.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Catharina von Georgien

Catharina von Georgien

Das Trauerspiel erzählt den letzten Tag im Leben der Königin von Georgien, die 1624 nach Jahren in der Gefangenschaft des persischen Schah Abbas gefoltert und schließlich verbrannt wird, da sie seine Liebe, das Eheangebot und damit die Krone Persiens aus Treue zu ihrem ermordeten Mann ausschlägt. Gryphius sieht in seiner Tragödie kein Geschichtsdrama, sondern ein Lehrstück »unaussprechlicher Beständigkeit«.

94 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon